JET LEG – Biennale der Kunst und Kultur
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Austauschprogramme für Künstlerinnen haben eine lange Tradition. Die Möglichkeit, für einen gewissen Zeitraum an einem fremden Ort zu leben und zu arbeiten, hat nichts von ihrer Faszination verloren. In der Rathausgalerie kakmen drei Artist Residencies zusammen, die von Münchner Künstlerinnen initiiert werden: AlmResidency, Jet Leg und LongegaProject. Die Ausstellung thematisierte kollektive Zusammenarbeit, internationalen Austausch und das Überschreiten von Grenzen.
Es entstand eine modulare “Installation auf Rollen”, die von einem vielfältigen Rahmenprogramm in deutscher, englischer Sprache und Deutscher Gebärdensprache begleitet wird. Mit stadtweiten Aktionen begibt sich Want to stay where I have never been in den öffentlichen Raum. An der Fassade des Kulturreferats in der Burgstraße 4 werden drei Fahnen von Künstlerinnen zu sehen sein, die nicht persönlich am Projekt teilnehmen können.
Ausstellungsbeteiligte Künstler
innen sind Magdalena Jooss, Janina Totzauer, Carina Müller, Danilo Bastione, Siyoung Kim, Youlee Ku, Fabian Feichter sowie die internationalen Gastkünstlerinnen Hyeyoung Ku, Irene Macalli und Thandi Pinto, die am Residenzprogramm im Ebenböckhaus der Landeshauptstadt München teilnehmen; außerdem eingeladen sind Shaqa Bovand, das Künstlerinnenduo “Laumkon”, Maria Mbereshu, Rebecca Moccia und Matteo Pizzolante.

Das Programm wird beauftragt durch Verbindungslinien des BBK Bayern (aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst). Es wird gefördert durch die Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung, das Kulturreferat der Landeshauptstadt München sowie durch das Koordinierungsbüro zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) der Landeshauptstadt München. Es findet statt in Zusammenarbeit mit dem Residenzprogramm der Landeshauptstadt München / Ebenböckhaus.

DANILO BASTIONE
AEDICULA
Metal, polyurethane, seeds, soil, stones, concrete.

Diese Arbeit erinnert an „Andachtsnieschen“ oder kleine Kappelchen, wie man sie in einigen der traditionsreichsten Städte der Welt findet.Diese kleinen Tempel dienen der Verehrung und dem Gedenken an Persönlichkeiten oder Symbole eines Kults – religiöser oder weltlicher Natur. Dieses Werk lädt dazu ein, etwas Immaterielles zu verehren, das in unserer Gesellschaft ebenso bedeutsam ist: die Zeit. Inspiriert vom Gedanken des Wanderers, der die Welt durch seine Reise erfährt, versteht sich diese Aedicula als ein kleiner Tempel des Widerstands – gegen Turbo-Tourismus, Turbo-Arbeit, Turbo-Stress. Eine Ode an die Zeit als gemeinsames und kostbares Gut.
Ein Ort der Konzentration, des Innehaltens – und des Wartens auf die Zeit, die nicht vergeht. Im Zentrum von Bastiones aktuellem künstlerischen Projekt steht die Auseinandersetzung mit dem Thema des „New Materialism“ – einem philosophischen Ansatz, der die wechselseitigen Beziehungen zwischen Materie, Kultur und sozialen Strukturen in den Fokus rückt. Bastiones Arbeiten sind bewusst provisorisch und „im Entstehen begriffen“, zugleich aber auch poetisch – und bis zu einem gewissen Grad romantisch.

HYEYOUNG KU
IN THE CAR IN FRONT OF ME
Zwei-Kanal-Videoinstallation

Während einer Residenz in München setzte die Künstlerin eine fortlaufende Werkreihe fort, die sich mit Musik und Video als einem einzigen Genre beschäftigt. Typischerweise umfasst die Praxis der Künstlerin während ihrer Residenzen das Schreiben neuer Liedtexte, die von dem Gastland oder der Region inspiriert sind, das Uminterpretieren bekannter Lieder auf alternative Weise oder das Erstellen ortsspezifischer Medienarbeiten, die auf bereits bestehenden Liedern basieren. Dieser Prozess wird zu einem performativen Akt, der das Leben und die künstlerische Schöpfung durch den Körper der Künstlerin zirkulieren lässt. Durch Sprache und Musik versucht die Künstlerin, den gegenwärtigen Raum und die Zeit zu verstehen, während sie gleichzeitig ein Netzwerk von Verbindungen und Teilhabe mit unbekannten Elementen und Menschen bildet. Während dieser Residenz in München wählte die Künstlerin innerhalb kurzer Zeit ein deutsches Lied aus, übte es auf Deutsch und hielt die Erfahrung in Form eines Musikvideos fest, wobei sie die spezifische Zeit und den Raum in das Werk einbettete.
Ein Video dokumentiert den Vorbereitungsprozess – die Auswahl des Liedes, das Erlernen der Sprache und das Üben – innerhalb des gelebten Raums der Residenz. Das zweite Video zeigt das endgültige Ergebnis: ein Musikvideo, in dem die Künstlerin das Lied performt

FABIAN FEICHTER
MEMOIREN VON ZWEI GEWÖHNLICHEN LATERNEN
Metall, Polyurethan, Samen, Erde, Steine, Beton.

Es gibt zwei Straßenlaternen, links und rechts von meinem Atelier in Longega, Südtirol, die schon vor meiner Geburt dort standen. Sie können sich nicht sehen, da eine Kurve den Blick versperrt, doch abends gibt es immer das Lichtsignal, das die Präsenz des anderen spüren lässt. Rund um die eine Laterne wurden neue Straßen und Häuser gebaut, doch sie blieb unverändert, nur eine leichte Spur des Alterns blieb zurück. Die andere jedoch verschmolz mit der Natur, umarmt von Pflanzen und Gras, ein Mikrokosmos, belebt und von der Zeit gezeichnet.
Trotz der Veränderungen erlebten beide viel zusammen – die Überschwemmungen, die Zerstörung des Waldes durch Wind und Borkenkäfer, und das Kommen und Gehen unzähliger Menschen. Und obwohl sie aus derselben Perspektive blickten, wurden sie mit der Zeit ganz verschieden.

YOULEE KU
PRIMÄRKONSUMENTEN
Polymvergips, Metall, organische Materialien und Live-Video vom Fluss in Longega / 2025

Youlee Ku beschäftigt sich mit den komplexen Wechselwirkungen innerhalb der Naturpyramide. Kleine Organismen wie der Borkenkäfer, begünstigt durch trockene Sommer und milde Winter, überleben in immer größerer Zahl und verursachen Schäden an den Wäldern. Das gestörte Gleichgewicht führt zu einem Dominoeffekt:
Durch die geschwächten Bäume sinkt die Fähigkeit der Wälder, Wasser zu speichern, was bei starkem Regen zu Überschwemmungen führt. Die Künstlerin greift auf persönliche Erlebnisse aus Longega im Südtirol zurück, um die Zerbrechlichkeit der Natur sichtbar zu machen. Ihre Arbeit hinterfragt das traditionelle Verständnis von Hierarchien in der Natur und zeigt, wie Natur und Mensch in einem fragilen, unkontrollierbaren Kreislauf miteinander verbunden sind. In einem System, das sich der menschlichen Kontrolle entzieht, werden kleine, unscheinbare Akteure zu bedeutenden Einflussfaktoren, die den Menschen herausfordern, sein Verständnis von Eingreifen und Kontrolle zu überdenken.

MAGDALENA JOOSS
HÄTTE ER GEWUSST, DASS DAS NICHTS NICHT NICHTS IST, WÄRE ER VIELLEICHT SITZEN GEBLIEBEN NEBEN DEM WOLF.
Fotografie, bedruckt auf Leinen,Stickerei, Rasterelektronenmikroskopie

Laboruntersuchungen liefern gewöhnlich Antworten – Magdalena Jooss jedoch eröffnete mit einer Rasterelektronenmikroskopie neue Fragen. Ihr Bild einer zerklüfteten Welt in Graustufen erinnert an Wurmgänge oder Mondlandschaften. Tatsächlich handelt es sich um eine stark vergrößerte Baumrinde, gefunden am Ort ihrer Installation „Selfie Park“ (2016) im bayerischen Voralpenland. Zehn Jahre später entnahm sie ein Stück dieser Rinde, dessen Einkerbungen noch von der damaligen Befestigungen zeugten, und untersuchte es im Labor. Im Vakuum des Mikroskops entstand daraus ein neuer Bildraum. Für Jooss ist das Vakuum kein Sinnbild des Endes, sondern der Ursprung neuer Bildwelten. Ihre Arbeit verwebt Bedeutungsschichten, Naturprozesse und Technologie in ein einziges schwarz-weißes Bild auf Stoff, bestickt mit einem Wappen: eine Trophäe des mikroskopischen Blicks. Sie fragt: Was bleibt, wenn wir der Natur auf den Grund gehen?
Vielleicht einfach Natur selbst – unbeirrt, eigenständig, unbeherrschbar. Jooss dachte an Atréju aus Michael Endes Unendlicher Geschichte – was, wenn er das Nichts nicht bekämpft, sondern als etwas erkennt?

Siyoung Kim
ICH BEGLEITE DICH
Stoff, Schaumstoff, Schubkarre, Schleife, Krampusmaske von Diana Ebster - Privatbesitz Siyoung Kim
Fabric, foam, wheelbarrow, ribbon, Krampus mask. Diana Ebster Private collection of Siyoung Kim
ESSTISCH
Holz, Schleife, Stoffe, Füllmaterial / Wood, ribbon, fabrics, filling material
HOCHSITZ
Aktenordnerregal, Acrylfarbe, Schleife / File folder shelf, acrylic paint, ribbon

Die Künstlerin Siyoung Kim präsentiert drei interaktive Arbeiten, die den Dialog zwischen kultureller Identität, kollektiver Erinnerung und partizipativer Erfahrung thematisieren. Die erste Arbeit „Ich begleite dich“ ist ein beweglicher Stuhl, ausgestattet mit Puppen, einer Krampusmaske, einem Schlaflied und einem weichen Sitzkissen.
Besucher*innen sind eingeladen, Platz zu nehmen – der Stuhl kann von anderen geschoben oder gefahren werden. Diese poetische Geste eröffnet Raum für Nähe, Vertrauen und das Teilen von Geschichten. Die zweite Arbeit „Esstisch“ ist ein dreistöckiger, drehbarer Esstisch, liebevoll bemalt mit ornamentalen Motiven. Er bietet Platz für Speisen aus verschiedenen Ländern und wird zum Ort für interkulturellen Austausch, Genuss und Begegnung. Die dritte Installation „Hochsitz“ ist ein bunt geschmückter Hochsitz mit sitzkissen und Schleifen.
Von oben eröffnet sich ein weiter Blick über die Ausstellung – ein Perspektivwechsel, der Neugier, Verspieltheit und Reflexion vereint. Alle drei Werke laden dazu ein, Kunst sinnlich und gemeinsam zu erleben.

THANDI PINTO
MAPA DE SAUDADES - THERE ARE PLACES THAT WE HAVE NEVER BEEN, BUT CAN BE VISITED IN OUR DREAMS
Collage

Dieses Projekt beschäftigt sich mit den Träumen junger Mosambikaner:innen, bekannt als die Madjermans, die in den 1990er Jahren nach ihrer Zeit in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Rahmen sozialistischer Kooperationsprogramme zurückkehrten. In Ostdeutschland erlebten sie Stabilität, Bildung und urbanes Leben – einige gründeten dort sogar Familien. Doch bei ihrer Rückkehr in das vom Krieg gezeichnete Mosambik, das sich gerade in Richtung Neoliberalismus wandelte, trafen sie auf Unsicherheit, Verlust und Ernüchterung.
Viele mussten plötzlich und überstürzt abreisen – ohne Abschied, ohne persönliche Gegenstände. Was bleibt, sind fragmentierte Erinnerungen und Träume, die eine verlorene Welt heraufbeschwören. Diese Arbeit rekonstruiert das Unterbewusste jener Menschen, die zwischen zwei Realitäten gefangen sind – einem Deutschland, das es nicht mehr gibt, und einem Mosambik, das sich verändert hat. „Meine eigene Zeit in Deutschland ermöglichte mir, diesen Zwischenraum zu betreten – jenen Ort, den die Madjermans in ihren Träumen immer wieder aufsuchen, der im wachen Leben jedoch unerreichbar bleibt.“ Die meisten von ihnen haben nie eine Entlohnung für ihre Arbeit im Ausland erhalten. Heute protestieren sie wöchentlich für Gerechtigkeit. Doch jenseits dieses Kampfesmöchte ich die Geschichte von Leben erzählen, die voller Schönheit, Würde und Träume waren – Erinnerungen, die es verdienen, bewahrt zu werden.

MATTEO PIZZOLANTE
TWIN SCULPTURES
Gips, Alluminum - 60 x 55 x 80 cm

Zwillingsskulpturen, identisch in ihrer Form, jedoch aus kontrastierenden Materialien – Aluminium und Fiberglas – gefertigt, ruhen auf gegenüberliegenden Sockeln: eine auf Gips, die andere auf Stoff. Jede ist auf einem Wagen mit Rollen montiert, was ihre Bewegung durch den Ausstellungsraum ermöglicht. Diese Konfiguration regt zur Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Material und Funktion an, indem sie auf Kontraste in Gewicht, Textur und Stabilität aufmerksam macht und zugleich die Rolle von Trägerstrukturen und Mobilität bei der Gestaltung der Präsenz und potenziellen Nutzung eines Objekts hinterfragt.
Die rationale, funktionale Form der Skulpturen lässt vermuten, dass sie für einen bestimmten Zweck entworfen wurden – auch wenn dieser nicht ausdrücklich benannt ist – und fordert die Betrachtenden dazu auf, die Grenze zwischen Zweck und Wahrnehmung neu zu denken. Gleichzeitig präsentieren sich die Werke als fragile Gebilde in einem dialogischen Verhältnis zu dem Raum, den sie einnehmen. Dieses Zusammenspiel erforscht Widersprüche und stört sinnliche Erwartungen, da die gegensätzlichen Eigenschaften der Skulpturen – industriell und doch handgefertigt, mobil und doch geerdet – einen Zustand der wahrnehmungsbezogenen Desorientierung und konzeptuellen Mehrdeutigkeit hervorrufen.

JANINA TOTZAUER
BRUT
Keramik und Video
320x280, jeweils ca 3x40 cm
Edelstahl, Aluminium, Raspberry Pis, Plastik, Filz

Die Werkreihe Brut vereint Video und Keramikskulptur zu sogenannten Techno Ceramics – einem Dialog zwischen einem jahrtausendealten, langlebigen Material und einer schnellen, digitalen Bildwelt. In Brut erschafft Totzauer eine Welt hybrider Kreaturen – Zwischenwesen aus Zelle, Ei und Amphibium -Alienembryos frisch aus dem All. Sie verharren in liminalen Zuständen des Übergangs: Im Inkubator ein Warten auf die Geburt, auf dem Schlachtertisch ein Warten auf den Tod. Die offenliegenden Innereien des todgeweihten Tieres auf dem Metzgertisch führen uns in die Tiefen der menschlichen Anatomie. Mikroskopische Aufnahmen von Sperma verwandeln sich in eine innere Landschaft und verleihen den Eingeweiden etwas Erschreckend-Menschliches. Im Bauch eines anderen Wesens wird der Betrachtende Zeuge eines letzten Verdauungsprozesses – kurz bevor das Wesen selbst zubereitet wird. Ein noch nicht geschlüpftes Wesen späht mit müdem Auge aus seinem warmen Brutkasten. Doch das Auge selbst ist die Endoskopie eines Dickdarms – Einblicke in die dunkelsten Ecken des Menschseins.
Rare Wärmebildaufnahmen zeigen die Eiablage einer bislang unbekannten Alienkreatur in einem bayrischen Wald in der Nähe von Miesbach. Die hybriden Eikörper haben ihren Weg von dort direkt in die Ausstellung gefunden. Totzauers Ideenwelt greift die politische, feministische Dimension der Kolonialisierung von Körperlichkeit auf und seziert dabei Themen wie Fremdartigkeit, Zugehörigkeit und Identität.

CARINA MÜLLER
MAIL BOX XL

verschiedene Boxen 460x333x174mm, unterschiedliche Materialien
MAI BOX XL ist ein neu gestartetes Mail-Art-Projekt, das Künstlerinnen weltweit miteinander verbindet. Das Projekt wurde erst vor wenigen Wochen initiiert und besteht darin, Pakete an Künstlerinnen auf der ganzen Welt zu versenden – mit der Möglichkeit, an einer Ausstellung teilzunehmen, ohne physisch anwesend sein zu müssen. Das Projekt bietet eine alternative Plattform für künstlerische Teilhabe und Ausstellungspraxis – insbesondere in Zeiten eingeschränkter Mobilität oder fehlender lokaler Ausstellungsräume. Ausgangspunkt war ein Stadtratsbeschluss, das ehemalige Rathaus-Gebäude vorübergehend in ein Postamt umzuwandeln – als Zwischennutzung.

In Kollaboration mit AAP, Archive Artist-Publications, @archiveartistpublications

REBECCA MOCCIA
MINISTRIES OF LONELINESS
Multichannel Audio-Video Installation

Ausgehend von einer Auseinandersetzung mit dem Ministry of Loneliness – 2018 im Vereinigten Königreich eingerichtet und 2021 in Ländern wie Kanada und Japan übernommen – entwickelt Ministries of Loneliness eine Reflexion über die politischen und sozialen Strukturen, die den emotionalen Zustand der Einsamkeit und deren Wahrnehmung in der aktuellen Gesellschaft prägen. Der mehrkanalige non-fiktionale Film basiert auf umfangreicher Recherche, die in verschiedenen Kontexten durchgeführt wurde, darunter in Italien, den Vereinigten Staaten, Japan, Südkorea und dem Vereinigten Königreich. Dabei werden unterschiedliche Materialien gegenübergestellt, die im Laufe der Recherche gesammelt wurden – von parlamentarischen Archiven über wissenschaftliche und erzählende Literatur bis hin zu direkten und indirekten Erfahrungen und Zeugenaussagen. Die Arbeit wird von einer originalen Klanglandschaft von Renato Grieco begleitet.

IRENE MACALLI
SPEAK TO ME
weiche Aluminiumrohre, Eisen, Räder, Sprühfarbe. Klang.

Das Konzept bezieht sich auf das Thema der Ausstellung, das emotionale Verbindungen zu fernen oder imaginierten Orten sowie das Bedürfnis thematisiert, zu Orten zu gehören, an denen man nie physisch gewesen ist. Die Installation nimmt die Form eines partizipativen Kunstwerks an, das vom klassischen Kinderspiel „Dosentelefon“ inspiriert ist – typischerweise mit Schnur und Pappbechern. Hier wird es mit industriellen Materialien – insbesondere einem flexiblen Aluminiumrohr – neu interpretiert. Beim Interagieren mit dem Werk können Besucher*innen: innen das Meeresrauschen hören, das in Süditalien aufgenommen wurde. Diese Tonaufnahmen wurden durch einen öffentlichen Aufruf auf Instagram gesammelt. Beiträge kamen aus verschiedenen Regionen – darunter Neapel, Apulien und Kalabrien – in denen Menschen das Meeresrauschen ihrer Umgebung teilten. Dieser Prozess markierte den Beginn eines partizipativen und kollaborativen Ansatzes, bei dem andere aktiv in die Entstehung des Werks einbezogen wurden.
Der Einsatz von Meeresklängen schafft eine emotionale Verbindung zur Heimat der Künstlerin und ruft Gefühle von Ruhe und Nostalgie hervor. Die Wellen vermitteln eine friedliche Stimmung und bilden gleichzeitig einen Kontrast sowie eine Verbindung zur urbanen Umgebung Münchens. Durch diese symbolische Geste entsteht ein Dialog zwischen zwei Landschaften – Süditalien und der Stadt München. Die Installation lädt Besucher:innen dazu ein, in das Rohr zu sprechen oder den Wellen zu lauschen.
Erst durch dieses gemeinsame Handeln wird das Kunstwerk vollständig und aktiviert.
Industrielle Materialien sind ein wiederkehrendes Element in der künstlerischen Praxis der Künstlerin. Sie spiegeln eine anhaltende Auseinandersetzung mit dem urbanen Raum, der Architektur und den Strukturen der Stadt wider. Die Wahl eines weichen Aluminiumrohrs erfüllt dabei sowohl eine funktionale als auch eine symbolische Rolle – sie verbindet das Industrielle mit dem Intimen.

Fotos : Jörg Koopman, Danilo Bastione